Der Großenhainer Fleischermeister Bernd Gawalski macht noch alles selbst und heimst dafür viele Auszeichnungen ein

Quelle: Sächsische Zeitung 22.11.2002; Text: Annett Liebe

Prall gefüllt hängen die Knacker mitten im Raum. Bernd Gawalski begutachtet die Würste mit fachmännischen Blick. Was er sieht, stellt ihn zufrieden. So können die Würste in die Räucherkammer kommen. Die Knacker unterliegen schon deshalb einer strengen Kontrolle durch den Meister, weil sie der neueste Stolz der Großenhainer Fleischerei sind.
Denn auf der Dresdner Fleischerfachmesse wurden sie mit Gold ausgezeichnet. Auch viele andere Preise und Urkunden heimsten Bernd Gawalski und seine Mitarbeiter ein. Neben den sächsischen Knackern wurde der Landschinken mit Gold prämiert, vier andere Wurstsorten erhielten silberne und bronzene Auszeichnungen. Doch damit nicht genug. Auch beim Präsentwettbewerb unter dem Fachpersonal sowie den Lehrlingen räumten die Großenhainer ab. Und das, obwohl die Konkurrenz groß war: Allein bei den Wurstsorten wurden zwischen 260 und 300 Proben eingereicht.

So haben auch die Landwirte ihr Auskommen

Für Bernd Gawalski ist die Überhäufung mit Auszeichnung eine Bestätigung für seine Berufsphilosophie. Die lässt sich kurz und bündig zusammen fassen: „Bei uns ist alles Handarbeit und eigene Produktion.“ Außer ein paar hinzugekauften Spezialitäten wie ungarische oder französische Salami machen der Meister und seine drei Gesellen alles selbst. Ob Schnitzel, Blutwurst, Wiener, Schabefleisch, Rouladen oder Leberkäse – die Produkte entstehen nach alten Familienrezepten in der Wurstküche hinter dem Laden. Eine Köchin und deren Gehilfin sorgen für das Imbiss-Angebot und die hauseigenen Salate.
Mehrere Gründe gibt es, warum Bernd Gawalski nicht im Großhandel einkauft, sondern auf Selbstgemachtes setzt. Erstens: „Zu uns würde gar keiner kaufen kommen, wenn alles genauso schmeckt wie im Supermarkt.“ Zweitens möchte er, dass die Landwirte in der Region ihr Auskommen haben. „Wir dürfen in unserer Region nicht nur verbrauchen sondern müssen auch produzieren, damit Arbeitsplätze entstehen und erhalten bleiben.“ Und drittens ist Bernd Gawalski mit Leib und Seele Fleischer und nicht Händler.

Und das bereits in der dritten Generation. 1929 gründete Großvater Georg Gawalski die Fleischerei. Dreißig Jahre später übernahm Sohn Peter den Laden und baute ihn nach der Wende komplett um. Im Jahr 2000 ging das Geschäft an den jetzt 32-jährigen Bernd Gawalski. Der hält nun Familientradition und Fleischerhandwerk hoch.
Das fängt bei den Rohstoffen an. Das Fleisch bezieht Meister Gawalski von der kleinen Privatschlachterei Ziebs & Tikowitsch aus Linz. „Die fahren noch zu den Landwirten und schauen sich die Tiere an, bevor sie die Schweine oder Rinder kaufen“, erzählt der Fleischer. Wichtig ist ihm, dass er keine hochgezüchteten und schnell gemästeten Tiere verarbeitet. Außerdem kommt nur Fleisch aus einheimischer Produktion unter sein Messer. Und davon alles, was man sich denken kann: Im Durchschnitt 20 Schweine und ein halbes Rind in einer Woche, dazu Geflügel, Kaninchen, Wild, Hammel – die ganze Palette. Bei Gawalskis wird es zerlegt, verarbeitet, gekocht, geräuchert. Dass die Wurst eben nicht so schmeckt wie im Supermarkt, honorieren die Kunden. Nicht nur Großenhainer kaufen im Laden am Radeburger Platz, sondern es kommen auch viele Leute aus den umliegenden Dörfern.

Selbst im Urlaub immer etwas zu tun

Doch der gute Ruf hat auch seinen Preis – nämlich Arbeit ohne Ende. Von früh morgens bis in den Abend hinein steht Bernd Gawalski in der Wurstküche, die Zeit für Familie oder gar Urlaub ist knapp. „Zwar haben wir im Sommer drei Wochen Betriebsruhe, aber irgendwie habe ich immer zu tun.“ Froh ist er deshalb über seine Frau Sylvia, die als gelernte Zahnarzthelferin auf Fleischverkäuferin umlernte und mit ihm zusammen den Laden schmeißt. „So eine Frau zu haben, ist wie ein Fünfer im Lotto“, schwärmt Bernd Gawalski. Doch auch auf seine Mitarbeiter – nicht zu vergessen die fünf Verkäuferinnen – kann er stolz sein. Obwohl der Laden mit insgesamt zwölf Angestellten schon ein etwas größerer Betrieb ist, „sind wir hier wie eine große Familie“. Besonders Altgeselle Ullrich Schmelter ist für den jungen Meister unentbehrlich. „Der ist seit 35 Jahren im Betrieb. Wenn ich ihn nicht hätte, würde hier manchmal nichts laufen.“

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